Der deutsche Historiker und Revolutionärer Friedrich Engels hatte Odda besucht als der Ort noch eine ländliche Idylle war. In einem Brief an Laura Lafargue, einer der Töchter Karl Marx' schrieb er:
"Die Menschen hier sind sehr primitiv, doch von einer gesunden, schönen und kräftigen Rasse. Sie können mein Dänisch verstehen, doch verstehe ich nicht viel von deren Norwegisch." Engels gibt zu, dass ihm die eigenartigen Diphtons des Hardangerdialekts Schwierigkeiten bereiten, und er berichtet weiter dass er rund 20 Häuser in Odda gezählt habe, "die aus Holz gebaut sind obwohl man hier 100 000 mal mehr Stein als Wald hat", und dass er sämtliche Briefmarken bei der örtlichen Post gekauft habe.
"Es ist hier eine Welt wo die Menschen noch Charakter und Initiative besitzen und selbständig - aber nach Ausländischen Begriffen - absonderlich handeln", schreibt Engels in einem Brief an Paul Ernst in Berlin am 5. Juli 1890.
Friedrich Engels war nicht der erste Prominente Tourist in Odda; Der deutsche Kaiser Wilhelm der II besuchte Hardanger jeden Sommer ganze 23 Jahre lang.
Auf diesem Foto aus dem Jahre 1906 sieht man Gründer und Direktor Sam Eyde im Gespräch mit dem Kaiser. Der Kaiser hat sich sehr für die neuen Ausbaupläne in Odda und Tyssedal interessiert. Diese sollten dann letztendlich zu dem Ende des exklusiven Tourismus führen, der seit mehr als fünfzig Jahren in Odda blühte.
Kaiser Wilhelm der II. im Gespräch mit Sam Eyde. Foto: Kraftmuseet Archiv
Die Bevölkerung in Odda wuchs rapide, die Gemeinde hat in einem Festschrift bekundet:
" Fast jedes Dorf und jede Stadt des Landes hatten mit sogenannten Emigranten beigetragen, und die daraus entstandene babylonische Verwirrung war nicht nur philologischer Art. Alle sind aus ihrer jeweiligen Heimat mit ihren mehr oder weniger ausgeprägten Eigenheiten bezüglich Sitten, Gewohnheiten und Denkweisen hierhin gekommen".
Der alte Ort Odda war zu klein um alles Neue und Fremde aufzunehmen und es in die Bauernkultur der Ortes einzuverleiben. Odda wird zu einer Siedlergesellschaft, und wurde lange Jahre von unruhigen sozialen Verhältnissen geprägt. Politisch ist Odda von Anfang an eine rote Bastion, von den radikalen Strömungen in der Arbeiterbewegung stark beeinflusst. Die politisch führenden Gruppen sind die Sozialisten und die Kommunisten, und der Bauarbeiter hat einen grossen Einfluss auf das soziale Leben und den Lebensstil.
Die rabiaten Zustände in Odda waren weit ausserhalb Hardangers bekannt. Man fand hier Abenteurer und Landstreicher, Rallare (Wanderarbeiter) und Bauernjungs - und auch solche die gerne etwas von allem sein wollten. Die Rallar-Sprache war meist Schwedisch.
Auch die Direktoren, Ingenieure und Facharbeiter waren industrielle Pioniere und Zugezogene. Sie waren nach Odda gekommen, hatten ihre prächtigen Villen bezogen, sich darin sozial abgesondert und versuchten somit eine kleine, abgeschlossene Welt in den verschiedenen Clubs und frazösischen Kulturallianzen aufzubauen. Die meisten haben hier einige Jahre verbracht,ohne Wurzeln schlagen zu können, und sind dann wieder verschwunden ohne eigentlich Spuren zu hinterlassen. Die Arbeiter sind geblieben.
Direktoren und Ingenieure in der Direktorenvilla 1912. Foto: Kraftmuseet Archiv
Der Bau der Karbid- und Cyanamidfabriken wurde zu einer der grössten Industrieanlagen dieser Art weltweit..
Dass der Charakter von Odda sich schnell änderte, sieht man auf diesem Foto, wo kleine Bauernhäuser noch neben grosse Fabrikgebäude zu sehen sind:
Alte und neue Zeit in Odda ca. 1907. Foto: Kraftmuseet Archiv