Tyssedal ist eine übersichtliche kleine Gesellschaft wo man die geschichtliche Entwicklung ganz deutlich in der physischen Umgebung herauslesen kann. Auch Gebäudehistorisch ist Tyssedal einzigartig in Norwegen.
"Die Industriegesellschaft Tyssedal ist eines der markanten Beispiele für die Entstehung der modernen Industrienation Norwegen nach der Unionsauflösung in 1905."
Die staatliche Denkmalbehörde Norwegens - Riksantikvaren
Die Landschaft Tyssedals ist eine dramatische Landmarke in dem Fjord Sørfjorden. Der Tal der Tyssedal ausmacht, liegt eingequetscht zwischen den hohen Bergspitzen Tyssenuten (936 üM) und Tveitanuten (1050 üM).
Die Ost/Südöstliche Richtung des Tales leitet morgens und vormittags die Sonnenstrahlen durch das Tal.
Tyssedal 1908. Foto: NVIM Archiv
Eines der wichtigsten Kriterien für ausländische Industrieniederlassungen war der Zugang zu eine sichere und günstige Energie. Die Technolgie zur Ausnutzung von Wasserkraft um Elektrizität herzustellen war schon entwickelt. Die Möglichkeiten die in Skjeggedal vorhanden waren, waren einzigartig. Hardangervidda Hochebene ergab ein enormes Niederschlagsgebiet für das Aufstauen vom Wasser.
Gründer Sam Eyde initierte den Ausbau von Tysso Wasserlauf sowie der weltgrösste Damm als erster Generaldirektor der Wasserkraftgesellschaftes Tyssefaldene. Krafttechnologie und ausländisches Kapital wurden mit den heimischen Naturressourcen und nordischer Arbeitskraft welcher im Besitz von soliden Steinhauerkentnissen waren, vereint.
Der Bau des Staudammes Ringedalsdammen von 1910 bis 1918. Foto: NVIM Archiv
Tyssedal hatte sich in wenigen Jahren von einer kleinen Landwirtschaftsgemeinde in eine moderne, komplette Industriegesellschaft entwickelt, mit Wohngebieten, Schule und verschiedenen Institutionen auf einem kleinen, abgegrenzten Gebiet. Für den Ausbau wurden die damals führenden Architekten verpflichtet, und alles, vom Kai, der Fabrik und der Ofenhalle bis zur Scheune, dem Treibhaus, der sogenannten «Festivität» und dem Hebammendienst, wurde genau geplant. Tyssedal Hotel, welches im herrlichen Jugendstil aus dem Jahre 1913 gebaut wurde, ist noch immer im Betrieb. Hier sitzt man in Salons, in denen französische und englische Industriepioniere wichtige nationale und internationale Beschlüsse gefaßt haben.
Eines der zwei Höfe in Tyssedal bevor die Wende. Foto: Kraftmuseet Archiv
Der Heimatmaler Nils Bergslien (1853-1928) schildert in amüsanter Weise die Begegnung alter und neuer Zeit. Im Hotel können Sie, auf Anfrage, eine Kunstwanderung machen.
In der «Festivität» haben die Bewohner Tyssedals mit den Odda-Bewohnern beim Tanz am Samstagsabend gekämpft, und am Sonntagmorgen haben sie dann am Gottesdienst im selbigen Haus teilgenommen.
Das Festlokal und "Kirche" Festiviteten. Foto: Kraftmuseet Archiv
Tveitahaugen hageby (Gartenstadt), 1916-1918, ist eine Arbeitersiedlung die man auch in Deutschland vorfindet. Sam Eyde hatte die Idee und Zeichnungen aus Essen und die sogenannten Krupp-Siedlungen mit nach Norwegen genommen. Auch das Ideal der englischen Gartenstädten spielte hierbei eine grosse Rolle. Die Häuser wurden von französischen Handwerkern gebaut.
Tveitahaugen Gartensiedlung beim Bau 1916. Foto: Kraftmuseet Archiv
«Die Arbeiter sollten nach getaner Arbeit die Augen auf grünen und harmonischen Umgebungen ruhen können.» Hier gab es die zu der Zeit modernsten Bequemlichkeiten, wie WC und Elektrizität. Der Strom war so kostengünstig, daß die Tyssedal-Bewohner eher das Fenster öffneten, als daß sie den Strom auschalteten. Die älteste Bausubstanz liegt ganz unten in Tyssedal, und man kann heute durch die architektonischen Epochen wandern, die stufenweise über dem Meer angeordnet sind.
Heute sind die meisten Häuser im privaten Besitz.