Andreas Vodahl (87) auf Trolltunga 1967. Foto: Barthold Hagemann, NVIM archiv
Als Vermessungstechniker bei den Elektrizitätswerken in Oslo war Hagemann ein erfahrener Wanderer, auch in der wilden Hochebene in Skjeggedal. Er hatte immer seine Kamera dabei. Er war mittlerweile 78 Jahre alt geworden, und es wurde langsam Zeit; er wollte das perfekte Foto von Trolltunga machen, eines auf dem der Ringedalsee ganz ohne Ränder zu sehen sein sollte. Bisher war dem nicht so gewesen, Hagemann hatte Angst es würde nie passieren.
Zusammen mit dem 87 Jahre alten Andreas Vodahl ist er nach Reinaskor gewandert, sie haben sich über die Hochebene unterhalten, über die zahlreichen Wanderungen die sie gemacht hatten, und über die etlichen Fotos die Hagemann von Trolltunga aufgenommen hatte.
Sie übernachteten in einer Hütte nur einer halben Stunde Wanderweg von Trolltunga entfernt.
Als sie am nächsten Morgen aufwachten, sah Hagemann aus dem Fenster und fühlte sich beschwingt. Das Wetter war perfekt für gute Aufnahmen!
Die beiden hatten keine Eile, sie frühstückten und nahmen sich auch beim Wandern die nötige Zeit. Hagemann wollte genau dann fotografieren wenn die Sonne in der für das Foto richtige Position stand.
Bei Trolltunga angekommen ging Vodahl hinaus auf die Zunge, Hagemann kletterte die steile Bergwand nördlich der Zunge hinunter. Er hatte sich ein Seil aus alten Stromkabeln gemacht. Die 78 Jahre alten Knochen waren etwas steifer geworden, aber er war immerhin um einiges jünger als sein Kumpel der mit 87 Jahren auf der Spitze des Trolltungas sass und mit den Füssen über den Abgrund baumelte. Beide hatten sie 350 Meter Luft unter sich - ganze 700 Meter waren es bis zum Ringedalsee.
"Für mich war es ja kein Problem, ich sass ja nur da. Schlimmer war es für Barthold, er musste an den Kabeln hängen um das Foto machen zu können" erzählte Andreas Vodahl einige Jahre später, mit 92 Jahren.
In einem Interview mit dem Norwegischen Fernsehen in 1971 sagte Andreas Vodahl: «Es war unser dritter Versuch, dieses mal sollte es uns endlich gelingen. Das Wetter war genauso wie wir es haben wollten; Sonnenschein und blauer Himmel. Es musste einfach klappen. Sie ist ja einzigartig, diese Trollzunge».
In der Zeitung Haugesunds Avis erzählte Barthold Hagemann: «Ich habe eine Eisenstange in einem Spalt im Berg gehämmert, das Stromkabel an der Eisenstange befestigt. Ich habe mich da hinuntergehangelt bis ich die richtige Position gefunden hatte. Vodahl sass etwas zu weit innen auf der Trollzunge, ich wollte eigentlich dass er die Beine über der Kante hängen hat, und rief ihm dieses zu. Er rutschte so weit hinaus dass ich mich richtig erschreckt habe».
1971 schrieb Journalist Jan Gravdal eine Reportage über die Geschichte hinter dem Foto, schickte sie weiter zu dem "Männer-Magazin" Vi Menn,
Aber der Redakteur meinte dass die beiden alten Männer viel zu waghalsig gewesen wären - andere könnten ja das gleiche versuchen - und wollte die Reportage nicht veröffentlichen.....
"Schon etwas amüsant, wenn man sieht wie es heute geworden ist", sagt Journalist Gravdal und lacht.
Die letzten Jahre ist Trolltunga eines der meist fotografierten Motive Norwegens geworden. Aber das erste ikonische Foto wurde von zwei alten, harten Kerlen 1967 gemacht.
Fotograf Barthold Hagemann 1927. Foto: NVIM Archiv
Andreas Vodahl als junger Mann Anfang 1900. Foto: NVIM Archiv
Quellen: Jan Gravdal und NRK Fernsehen.